22. Spieltag: 1.FC Heidenheim 1846 - Hamburger SV

"Wollt Ihr hier wirklich hin?"
Ganze fünf Jahre ist es nun schon her, dass die Hamburger Morgenpost dem HSV diese Frage zuwarf – und nun ist es endlich soweit. "Hier", damit meinte die Zeitung damals "größere Dörfer, die sich Bundesliga-Städte nennen dürfen" - Sandhausen, Aue, Aalen, Heidenheim.
Nun gut, fünf Jahre später ist der Ausflug nach Aalen bekanntermaßen von der Liste gestrichen. Ob der nach Heidenheim wirklich für Depressionen beim Anhang sorgt, wie es die Zeitung versprach, wird sich zeigen. Es wäre indes nicht das erste Mal, dass ein Ausflug gen Süden für ein Stimmungstief sorgen könnte...
...
Nur widerwillig stieg die Mannschaft in den Mannschaftsbus. Trainer Hannes Wolf erklärte zum wiederholten Male, dass der Weg dieses Mal zwar in den Süden, aber nicht zum FC Bayern führe. Das brachte auch etwas Ruhe in die Runde um Lasogga & Co, allerdings nur, bis eines der Autobahnschilder doch das Näherrücken von „München“ ankündigte.
Um seinen Jungs Mut zu machen, zitierte Wolf nun all die Schlagzeilen und Netzreaktionen, die man über die gegnerische Mannschaft in der letzten Woche hatte lesen können: "der einfachste Gegner", "der leichteste aller Gegner", "der krasse Underdog", "die schlechteste Mannschaft", "kaum gefährlich"... Die Schlagzeilen, die noch fünf Tage zuvor nach dem historischen Sieg gegen Leverkusen die Runde gemacht hatten, lies er indes außen vor: „dass die frühere Ecke-Kopfball-Tor-Mannschaft aus Heidenheim inzwischen sauberen Fußball spielt“, „kleine Sensation“, „Pokalschreck“, „Helden“, „Aufstiegsanwärter“... und natürlich „Bayernbesiegerbesieger“.
...
In der Tat schwankt das Ansehen unseres Vereins bundesweit momentan zwischen diesen zwei Extremen – Anerkennung auf der einen, Belächeln als „Freilos“ auf der anderen Seite.
Nun steht den Hamburgern im Süden dieses Mal in Wahrheit ein Spiel ins Haus, bei dem ihnen die Favoritenrolle zu Beginn der Saison recht klar zugeordnet schien. Klangvolle Namen und ein Marktwert von 56,65 Mio auf der einen, ehemalige Regionalligaspieler und eine Marktwert von gerade mal 25% dessen auf der anderen Seite. Ein Duell David gegen Goliath also?
In der Tat hätte ich vor einem Jahr – ich schrieb gerade den STT für das Spiel gegen Bochum – jedem einen guten Arzt empfohlen, der mir zu vermitteln versucht hätte, das Spiel gegen den HSV würde vom Kicker im Jahr 2019 als eines der beiden Toppspiele der zweiten Liga des 22. Spieltages angekündigt. Weitere Belege für den unfassbaren Aufwärtstrend findet man in der Analyse eines Dirk Schuster, Heidenheim sei „mit das Beste, was wir an Auftritten von Gastmannschaften bisher in dieser Saison hier gesehen haben“ oder eines Hannes Wolf, der erklärt, Heidenheim sei „mit die schwerste Aufgabe“.

Wie die Mannschaft mit dem gestiegenen (u.a. medialen) Interesse umzugehen weiß, muss sich am Samstag erneut beweisen, wenn das Albstadion erstmals in dieser Saison ausverkauft sein wird. Wird sie weiter die Unbekümmertheit, den Kampfeswillen, das „Miteinander“ an den Tag legen, das sie in den letzten Spielen ausgezeichnet hat? Wenn sie nur ein paar Prozentpunkte nachlassen, wird gegen Hamburg nichts zu holen sein.
Mit den Fans im Rücken und der entsprechenden Einstellung – und ich wundere mich noch immer, das über ein Spiel gegen den HSV zu schreiben – ist am Samstag alles drin.
Auf geht’s, FCH, kämpfen und siegen!